© Karlheinz Heiss
Auszüge aus:
„Aufarbeitung. So nicht!“
Informationen zum Umgang mit Aufarbeitung
in der Diözese Rottenburg-Stuttgart
Hoffnung auf eine Aufarbeitung?
Seitdem
im
Jahr
2003
die
Kommission
sexueller
Missbrauch
in
der
Diözese
Rottenburg-Stuttgart
ihre
Arbeit
aufgenommen
hat,
sind
viele
Details
ans
Licht
gekommen,
die
uns
Katholik:innen
sehr
schmerzen
und
auch
ein
Stück
weit
wütend
machen.
Unsere
Kirche,
mit
der
wir
uns
so
verbunden
fühlen,
steht am Pranger.
Körperliche,
sexuelle
und
spirituelle
Gewalt
sind
in
ihr
passiert,
von
Klerikern,
die
sich
einer
besonderen
Herausforderung
an
ihr
Handeln
bewusst
sein
hätten müssen.
Zugleich
spürten
wir
seit
2003
eine
Art
Schockstarre
bezüglich
des
Aufarbeitens.
Natürlich
schmerzt
es
auch
Bischof
und
Diözesanleitung,
dass
solche
Dinge
in
der
Katholischen
Kirche
und
manchmal
sogar
im
Namen
der
Katholischen Kirche geschehen sind.
Bitter:
So
viele
gläubige,
engagierte
Menschen
haben
mittlerweile
die
Kirche
verlassen,
weil
sie
sich
nicht
gemein
machen
wollen
mit
den
Taten
und
den
Tätern. Aber auch, weil sie nicht begreifen, dass die Aufarbeitung so kläglich
dahindümpelt
bzw.
nicht
den
erhofften
Vertrauensrückgewinn
erreichen
kann.
Offenkundig
wird
das
Agieren
der
Bistumsspitze
in
einem
„Fall“,
den
selbst
die
derzeitige
Vorsitzende
Dr.in
Stolz
im
Rückblick
als
problematisch
einstuft.
Es
ist
zu
befürchten,
dass
so
nicht
nur
in
diesem
einen
Fall
gehandelt
wurde,
sondern allgemeiner Usus war.
Brisant
ist
die
Täteroffenbarung
um
den
Pfarrer
W.
E.
vor
allem
deshalb,
weil
es
sich
nicht
wie
sonst
um
Vermutungen
handelt
oder
um
Beschuldigungen,
deren
Plausibilität
(für
die
Betroffenen
oft
leidvoll)
geprüft
werden
muss.
W.
E.
ist
geständig,
und
der
Umgang
der
Bistumsleitung
mit
ihm
öffnet
den
ganzen
Fragenkatalog
um
Vertuschung
durch
Verschickung,
um
Kommunikationsstrategien
und
damit
auch
um
die
Frage
nach
Recht
und
Moral.
Wir haben Anspruch auf
moralisches Handeln
Versagen beim „Fall“ und bei der
Aufarbeitungskommission
Moral
sticht
Recht
-
das
hört
sich
nach
Kartenspiel
an,
stimmt.
Es
steht
für
das
Dahinter-Liegende
und
bringt
das
ganze
Elend
des
Missbrauchs
auf
den
Punkt.
Die
Bischöfe
haben
sich
immer
wieder
auf
das
Recht
zurückgezogen,
und
dabei
ganz
bewusst
verschleiert,
dass
das
eigentliche
Anliegen
der
Kirche
immer
die
Moral
war
und
noch
ist,
wie
man
unschwer
an
der
jahrhundertelangen
Knebelung
der
Gläubigen
bezüglich
ihrer
gelebten
Sexualität
gut
sehen
kann.
Die
Kirchen
haben
es
sogar
geschafft,
ihre
Moral
in
Gesetzestexte
zu
gießen
und
ebenso
jahrhundertelang
vom
Staat
einfordern zu lassen.
Wo ist beim „Fall“ das Recht, und wo die Moral?
Rein
rechtlich
waren
die
Missbrauchstaten
verjährt,
moralisch
betrachtet
hat
Bischof Dr. Fürst falsch gehandelt, weil er
den geständigen Täter W. E. nicht suspendiert, sondern in seiner
Pfarrgemeinde im Ausland belassen hat.
die Deutsche Bischofskonferenz, die für den Auslandseinsatz zuständig
ist, nicht über das Geständnis
des W. E. informiert hat
die Kirchengemeinde, in der W. E. im Jahr 2009 nach seiner Rückkehr
aus dem Ausland eingesetzt wurde, nicht darüber informiert hat, dass er
sich schon 2005 als pädophiler Täter geoutet hat
Alle drei aufgeführten Sachverhalte mögen rein rechtlich für den Bischof
kein Problem sein, moralisch betrachtet hat er billigend in Kauf genommen,
dass der geständige Täter sich wieder Kindern und Jugendlichen nähern
konnte. Er hätte anders reagieren müssen und, so auch Frau Dr. Stolz im
Interview, reagieren sollen.
Wie steht es bei der Aufarbeitungskommission mit Recht und Moral?
Auch
hier:
Rein
rechtlich
mag
die
Besetzung
in
Ordnung
sein,
und
ich
zweifle
nicht an der Integrität der Personen.
Trotzdem: Moralisch betrachtet
ist es nicht in Ordnung, die beiden Betroffenen selbst zu bestimmen,
weil die erforderliche Einrichtung eines Betroffenenbeirats bis heute nicht
umgesetzt ist
ist es unseriös, die Öffentlichkeit im Glauben zu lassen, die Benennung
der Expert:innen für das Gremium sei von der Staatsregierung erfolgt,
obwohl der Bischof aus einer Liste die drei Mitglieder ausgesucht hat
ist es gegen den Geist der Schaffung einer Aufarbeitungskommission,
wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder in bischöflichen Diensten oder in
sehr großer Nähe zu ihm stehen
ist es bedenklich, wenn die Aufarbeitung bezüglich der Kommission
sexueller Missbrauch von Menschen gemacht werden soll, die selbst in
dieser Kommission mitarbeiten
ist es paradox, diese Verquickung der Kommissionen öffentlich zu
feiern
ist es verwerflich, die Kontrolle über die Personalakten im eheimarchiv
per Norm an das Placet des Bischofs zu koppeln.
Bei diesen Dingen regiert nicht einmal mehr das sonst so gerne propagierte
„Nicht-den-Anschein-erwecken“, es kommt bei näherem Hinsehen einfach
nur plump daher. Vermutlich mit dem Hintergedanken, dass damit der Form
genüge getan ist. Letztendlich ist dies auch bischöflicher Missbrauch derer,
die er zur Mitarbeit eingeladen hat.
Ich
befürchte,
dass
der
Gedanke
der
Loyalität
zum
Arbeitgeber
Bischof
und
das
Gefühl
der
Solidarität
mit
der
Katholischen
Kirche
so
stark
ist,
dass
die
Integrität letztendlich gefährdet ist.
Wieviel
Haltung
wird
den
Mitgliedern
abverlangt,
sich
nicht
dem
Versuch
des
„Übersehens“
auszusetzen.
Das
geht
schon
damit
los,
dass
die
Frage
nach
der
Vollständigkeit
gestellt
werden
muss.
Es
hält
sich
hartnäckig
das
Gerücht,
dass
zu
Zeiten
Bischof
Mosers
sämtliche
Vermerke
aus
den
Personalakten
entfernt
wurden,
natürlich
auch
diejenigen,
die
eine
Beschuldigung
wegen
Missbrauch
beinhalten.
Auch
wenn
die
Akten
gesäubert
wären
-
sicher
lassen
sich
Spuren
finden.
Das
Seligsprechungsverfahren
für
Bischof
Sproll
musste
das
Gerücht
ausräumen,
dass
er
eine
uneheliche
Tochter
habe.
Wo
dieses
Gerücht
dokumentiert
ist,
da
sind
auch
weitere
Gerüchte,
auch
die
über
eventuellen Grenzverletzungen aufzufinden.
Eine
Frage,
die
mich
ebenfalls
sehr
beschäftigt,
ist
die
nach
der
Handlungsweise
von
Bischof
Dr.
Fürst.
Mit
der
Bestellung
der
Kommission
tut
er
sich
nichts
Gutes.
Er
wird
dafür
angegriffen,
und
wenn
es
auch
nur
von
mir
wäre.
Das
Umfeld
beschreibt
Bischof
Dr.
Fürst
als
intellektuellen,
Dinge
und
Sachen
gut
analysierenden
und
durchdringenden
Menschen.
Warum
also
begibt
er
sich
mit
der
Aufarbeitung
in
die
offene
Kritik?
Und
warum
setzt
er
die
Kommissionsmitglieder
ebenfalls
der
Kritik
aus.
Sie
haben
sich
bereitgefunden,
mitzuwirken
und
es
mag
ihnen
geschmeichelt
haben,
vom
Bischof
gefragt
worden
zu
sein.
Sie
haben
ihren
Namen
dafür
hergegeben
und damit setzen sie ihren guten Namen, ihre Reputation aufs Spiel.
Um
im
Spekulieren
über
den
„Fall“
zu
bleiben.
Es
muss
Bischof
Dr.
Fürst
auch
weiterhin
ein
Anliegen
sein,
dass
sein
Verhalten
dabei
nicht
in
der
ganzen
Breite
ans
Licht
kommt.
Deshalb
kein
Zugang
zu
den
Personalakten
ohne
Einverständnis
des
Bischofs,
deshalb
die
Überzahl
der
„bischofsnahen“
Mitglieder,
deshalb
das
Loblied
auf
die
Überschneidung
mit
der
Kommission
sexueller Missbrauch.
Wenn ich darüber spekulieren kann, dann können das auch andere.
Die Aufarbeitungskommission der Diözese veröffentlicht
ihre Ergebnisse unter: https://ak.drs.de