© Karlheinz Heiss
Karlheinz Heiss
Aktuell: Wenn Sie mich fragen … Aktuell: Wenn Sie mich fragen … zurück zurück

Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort

Wir müssen sofort handeln

Kommission oder Gutachten –

Was hilft dem Rückgewinn von Glaubwürdigkeit?

Der Geist weht nicht nur wo er will…

manchmal wird er auch hintergangen

NORMEN zur Regelung von Einsichts- und Auskunftsrechten für die Kommission zurAufarbeitung von sexuellem Missbrauch Minderjähriger und schutz- oderhilfebedürftiger Erwachsener in Bezug auf Personalaktendaten von Klerikern und Kirchenbeamten der Diözese Rottenburg-Stuttgart Auskünfte und Akteneinsicht (1) Die Übermittlung personenbezogener Daten in Akten ohne Einwilligung des Bediensteten an die bischöflichen Kommissionen zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch ist zulässig, soweit 1. dies für die Durchführung der Aufarbeitung notwendig ist, 2. eine Nutzung anonymisierter Daten zu diesem Zweck nicht möglich oder die Anonymisierung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist, 3. das kirchliche Interesse an der Aufarbeitung das schutzwürdige Interesse des Bediensteten erheblich überwiegt und 4. der Diözesanbischof oder die von ihm bestimmte verantwortliche Person die Erlaubnis hierzu erteilt hat. 22.2.2022

„Ich als Bischof und die Verantwortlichen in der Diözesanleitung“

Im Fastenbrief unseres Bischofs Dr. Fürst, datiert auf den 2. Februar 2022, am 5. März 2022 veröffentlicht, bin ich auf eine Aussage gestoßen, die mich sehr nachdenklich werden ließ: Unsere Kirche ist in ihrer Existenz gefährdet. Nicht die Aussage an und für sich, deren Inhalt und Dramatik ich nicht teile, ist es, sondern das „unsere“. Wessen Kirche meint der Bischof, wenn er von unserer Kirche spricht? Meint er nicht vielmehr seine, die Kirche der Kleriker, die durch den Missbrauchsskandal „angezählt“ ist? Meine Kirche, die Gemeinschaft der Gläubigen, sie kann in ihrer Existenz nicht gefährdet sein, weil es die Menschen sind, die diese Kirche ausmacht. Die Existenz der Führung ist bedroht, das künftige Wirken angefragt, ihre Notwendigkeit überhaupt und die Verknüpfung mit einem Geschlecht (männlich) und einer Lebensform (zölibatär) infrage gestellt. Ist diese Unterscheidung statthaft? Ich denke schon, weil sie der Bischof selbst vornimmt. Er schreibt, dass die Mitwirkung der Laien gestärkt werden müssen. Das beinhaltet die innerliche Trennung zwischen Klerus und Laien: hier Hirten, dort Schafe. Künftig sollen Frauen auch Teil des Klerus werden, denn nichts anderes ist die von Dr. Fürst unterstützte Forderung nach Diakoninnen. Ich stimme hier inhaltlich vollkommen zu, kann aber die Weigerung, Frauen zu Priesterinnen zu weihen, nicht nachvollziehen. Spannend ist die Aussage, dass wir (damit meint er wohl die Menschen, die sich zum Synodalen Weg versammeln) Formen und Zeichen finden müssen, dass „alle Menschen spüren, dass sie angenommen sind von Gott und der Kirche Jesu Christi – in ihrer leib-seelischen Identität, ihrer sexuellen Orientierung und in ihrer Liebe füreinander.“ Unter dieses „wir“ will ich mich nicht einreihen, und es sollten auch die Laienvertreter:innen des Synodalen Wegs nicht. Die Ausgrenzung, die hier angesprochen wird, ist im Katechismus nachzulesen und eine direkte Folge einer über Jahrhunderte propagierten Sexualmoral. Mit allen Mitteln wurde deren Norm umgesetzt, ohne zu beachten, ob damit Menschen in den seelischen und gesellschaftlichen Ruin getrieben werden. Dafür müssen diejenigen geradestehen, die der Menschheit diesen Jammer beschert haben. Nicht wir - wir Schafe, sondern „ihr“ - ihr Hirten auf den oberen Stufen des Hochaltars. Bischof Dr. Fürst schreibt weiter: „Als Bischof stelle ich mich der Verantwortung.“, um dann gleich wieder in ein „wir“ zu gehen: „Mit Ihnen zusammen möchte ich mich für die nachhaltige Erneuerung der Kirche einsetzen.“ Es sind nicht „wir“, die er damit meint, insbesondere nicht diejenigen, die das Agieren in der Missbrauchsgeschichte kritisch begleiten, sondern diejenigen, die als „die Getreuen“ gelten. Ein Blick auf die beiden Kommissionen, die der Bischof ebenfalls erwähnt, macht es deutlich. Natürlich wird noch einmal die Mär von den „unabhängig arbeitenden“ und „weisungsunabhängigen“ Kommissionen bemüht, das glaubt ihm niemand mehr. Wer eine Kommission nach eigenem Gutdünken zusammenstellt, den Zugang zu den Akten kontrolliert und dann Unabhängigkeit proklamiert, der, sagen wir es einmal vorsichtig, der deutet das Wort „unabhängig“ kreativ anders als ich. Ein kleiner Nachklapp: Nach der großen Presseinitiative, die die Einrichtung der Aufarbeitungskommission angekündigt hatte, fällt der Verweis im Hirtenbrief sehr sparsam aus: „Alle Fälle sexuellen Missbrauchs wurden und werden durch ein vom Bischof weisungsunabhängig arbeitendes Gremium aufgeklärt.“ Ist hier schon die Einsicht am Werk, besser nicht so sehr in die Öffentlichkeit zu gehen, weil dann die Unglaubwürdigkeit noch deutlicher wird? „Ich als Bischof und die Verantwortlichen in der Diözesanleitung“, so bezeichnet Bischof Dr. Fürst die „Player“ in der Diözese. Manchmal ist es besser, nicht in einen Verantwortungsraum mit hineingezogen zu werden, den ein Einzelner diktiert. Einen Schritt zurückzugehen heißt besser sehen. Und die Perspektive zu wechseln neue Erkenntnisse bekommen. 7.3.2022

Köln, München, Münster - ist auch in Rottenburg

Die Studie in Münster werfe "ein erschreckendes Licht auf die institutionellen und systemischen Faktoren sexuellen Missbrauchs, auf die verheerenden Auswirkungen einer rigiden Sexualmoral, eines völlig überhöhten Priesterbildes, eines geschlossenen Systems, das wesentlich von Männern geprägt und bestimmt war, einer gänzlich falsch verstandenen Mitbrüderlichkeit und einer bewusst geschaffenen Intransparenz im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs“, so Bischof Genn. Würde es bei einer vergleichbaren Studie in Rottenburg-Stuttgart zu anderen Ergebnissen kommen? Vermutlich nicht. Also überspringt die Diözese vorsichtshalber das Thema Gutachten als Teil der Aufarbeitung und versucht es sofort mit einer Aufarbeitungskommission. Die Nähe der Kommissionsmitglieder zu Bischof Dr. Fürst ist offenkundig und lässt für eine Aufarbeitung nichts Gutes ahnen. Ebenso die „Profession“ der Kommissionsmitglieder: 4 Juristen sind mit dabei (das bedeutet die Mehrheit), 1 Psychologin und 2 Betroffene (davon 1 in diözesanen Diensten). Thomas Großbölting, einer der Verfasser der Studie, findet für die juristische Sichtweise drastische Worte: sie wäscht die Schlauen unter den Vertuschern geradezu weiß.“ Also bleibt den Christ:innen eine historische Einordnung des Wirkens der Bischöfe Sproll, Leiprecht, Moser, Kasper und Fürst samt ihrer Generalvikare, Personalchefs und sonstiger Mitarbeiter seit 1945 wohl vorenthalten und am Ende der Kommissionsarbeit der schale Geschmack, bischofs-willentlich eine Weißwäsche unter juristischer Sichtweise zu bekommen. Eine wahrheitsgemäße Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern, Jugendlichen und Abhängigen in der Diözese wird es deshalb nicht geben. In meinem Buch „ein Priester tut so etwas nicht“ fordere ich die Einsetzung einer Wahrheitskommission zur Aufarbeitung des hundertfachen Missbrauchs in unserer Diözese. Die Voraussetzung der gelingenden Arbeit einer Wahrheitskommission, auch so beschrieben, ist die wissenschaftliche, unabhängige Voruntersuchung und Begleitung und damit eine vergleichbare Untersuchung wie die in Münster. Schwaben sind bekanntlich sparsam: in diesem Fall könnte der Hinweis auf die Sparsamkeit ein Gutachten verhindern und damit dazu missbraucht werden, Vertuschung und Verschickung von Beschuldigten und Tätern zu kaschieren. Daran kann aber niemand gelegen sein außer denen, die sich vor einem Gutachten fürchten müssen.

Wieder eine Studie - und wieder desaströse Erkenntnisse

Wenn Nonnen Priestern junge Mädchen zum Missbrauch zuführen - so oder so ähnlich könnte eine reißerische Überschrift in Zeitungen der Regenbogenpresse aussehen. Das Hirngespinst eines übersexualisierten Redakteurs? Leider nein, sondern traurige Tatsache aus einem Kinderheim in Ludwigsburg-Hoheneck. So geschehen in den 1970-er Jahren, die Nonne stammt aus dem Karmeliterorden, der Geistliche aus der Ludwigsburger Dreifaltigkeitsgemeinde, die Mädchen waren Kinder aus dem Kinderheim, das der Orden bis 1992 betrieben hat. Jetzt ist der Aufschrei groß, damals hatte niemand den Schilderungen der Mädchen geglaubt: Dass sie mit Wissen einer Nonne von einer Erzieherin mit einem kurzen Röckchen angekleidet und dann zu Pfarrer Wilfried Metzler gebracht wurden. Der war einfühlsam und den Mädchen zugetan, ganz anders als die „unbarmherzigen“ Schwestern. Der Sinn der Empathie für die Mädchen lag weniger in seiner Menschenfreundlichkeit als in seiner Lüsternheit. Er sei als „Lüstling“ bekannt gewesen, habe auch mal einer Jugendleiterin an die Brust gefasst. Die Strafe für ihn folgte - er ging ins Exil nach Guatemala - freiwillig oder gezwungenermaßen? Dazu wird noch beraten. Kam er zurück in die Diözese? Auch dazu gibt es unterschiedliche Meinungen. Er sei dort gestorben, so die Studie. Er sei in Deutschland gestorben, sagt eine andere Quelle. Er sei noch Priester in Metzingen gewesen, behauptet eine dritte. Für die Sicht der Dinge ist dies nicht entscheidend. Wichtig ist das Engagement des Ordens, der die Studie in Auftrag gab und die dahinter verborgene Einsicht, ein möglichst umfassendes und transparentes Bild zu bekommen. Dafür dürfen wir richtig dankbar sein, auch wenn der Inhalt der Studie bedrückend ist. Veröffentlicht ist sie unter der Webseite der ipp München (www.ipp- muenchen.de/praxisforschung/josefsheim)
Bischof Dr. Fürst in der Kritik seiner Amtsbrüder Mit seiner Aussage „Ich würde in meiner Diözese so etwas niemals tun“ hat sich Bischof Dr. Fürst sicher keinen Gefallen getan. Er kommentierte das Vorgehen des Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Dr. Georg Bätzing, der einen Priester befördert hatte, der sexuell übergriffig war. Mittlerweile ist dieser Priester von seinem Amt zurückgetreten. Bischof Dr. Bätzing schrieb als Antwort auf den Offenen Brief des Familienbundes der Diözese: „Sie werden verstehen. Dass ich die Fragen und Beispiele, die Sie im Blick auf die Diözese Rottenburg-Stuttgart benennen, nicht wirklich beurteilen kann. Im Unterschied zu meinem Mitbruder möchte ich das auch nicht kommentieren.“ Im Offenen Brief wurden zwei „Fälle“ erläutert: 2004 hat Bischof Dr. Fürst einen beschuldigten Pfarrer ins Ausland versetzt (vermutlich ohne Wissen um die Beschuldigungen auf Seiten der Pfarrei und der Deutschen Bischofskonferenz), 2005 hat sich der Priester zum sexuellen Missbrauch schuldig bekannt und wurde 2007 in eine andere ausländische Pfarrei versetzt (sicher ohne Wissen der DBK um sein Tätersein), 2009 in eine Pfarrstelle in der Diözese eingesetzt (auch hier ohne die Gemeinde über das Tätersein zu informieren), um ihn dann 2010 zu suspendieren. Die Vorsitzende der Kommission sexueller Missbrauch, Frau Dr. Stolz, sprach davon, dass „man“ heute so nicht mehr handeln würde. Ebenfalls 2010 wurde ein mit dem Täter befreundeter Pfarrer suspendiert, der zusammen mit dem oben genannten Pfarrer in den späten 80-er Jahren den Missbrauch begangen hatte. Er wurde beschuldigt, gemeinsam und immer wieder mit einem Jungen im pfarrlichen Schlafzimmer übernachtet zu haben. Der damalige Vorermittler sprach davon, dass die Diözese „geschlafen“ hätte. Dies könnte man auch mit „weggesehen“ übersetzen. Noch deutlicher wurde jetzt Bischof Dr. Kohlgraf aus Mainz. Katholisch.de schrieb: Kohlgraf äußerte sich auch kritisch zur Aussage des Stuttgarter Bischofs Gebhard Fürst, der zum Vorgehen Bätzings gesagt hatte: "Ich würde in meiner Diözese so etwas niemals tun." Kohlgraf sagte dazu, er würde sich da etwas mehr zurückhalten. "Je mehr man sich aus dem Fenster lehnt, desto größer ist die Gefahr, dann rauszufallen."
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NORMEN zur Regelung von Einsichts- und Auskunftsrechten für die Kommission zurAufarbeitung von sexuellem Missbrauch Minderjähriger und schutz- oderhilfebedürftiger Erwachsener in Bezug auf Personalaktendaten von Klerikern undKirchenbeamten der Diözese Rottenburg-Stuttgart Auskünfte und Akteneinsicht (1) Die Übermittlung personenbezogener Daten in Akten ohne Einwilligung des Bediensteten an die bischöflichen Kommissionen zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch ist zulässig, soweit 1. dies für die Durchführung der Aufarbeitung notwendig ist, 2. eine Nutzung anonymisierter Daten zu diesem Zweck nicht möglich oder die Anonymisierung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist, 3. das kirchliche Interesse an der Aufarbeitung das schutzwürdige Interesse des Bediensteten erheblich überwiegt und 4. der Diözesanbischof oder die von ihm bestimmte verantwortliche Person die Erlaubnis hierzu erteilt hat.

Manchmal reicht der Blick auf das „Original“

Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort

Wir müssen sofort handeln

Kommission oder Gutachten –

Was hilft dem Rückgewinn von Glaubwürdigkeit?

Der Geist weht nicht nur wo er will…

manchmal wird er auch hintergangen

„Ich als Bischof

und die Verantwortlichen in der Diözesanleitung“

Im Fastenbrief unseres Bischofs Dr. Fürst, datiert auf den 2. Februar 2022, am 5. März 2022 veröffentlicht, bin ich auf eine Aussage gestoßen, die mich sehr nachdenklich werden ließ: Unsere Kirche ist in ihrer Existenz gefährdet. Nicht die Aussage an und für sich, deren Inhalt und Dramatik ich nicht teile, ist es, sondern das „unsere“. Wessen Kirche meint der Bischof, wenn er von unserer Kirche spricht? Meint er nicht vielmehr seine, die Kirche der Kleriker, die durch den Missbrauchsskandal „angezählt“ ist? Meine Kirche, die Gemeinschaft der Gläubigen, sie kann in ihrer Existenz nicht gefährdet sein, weil es die Menschen sind, die diese Kirche ausmacht. Die Existenz der Führung ist bedroht, das künftige Wirken angefragt, ihre Notwendigkeit überhaupt und die Verknüpfung mit einem Geschlecht (männlich) und einer Lebensform (zölibatär) infrage gestellt. Ist diese Unterscheidung statthaft? Ich denke schon, weil sie der Bischof selbst vornimmt. Er schreibt, dass die Mitwirkung der Laien gestärkt werden müssen. Das beinhaltet die innerliche Trennung zwischen Klerus und Laien: hier Hirten, dort Schafe. Künftig sollen Frauen auch Teil des Klerus werden, denn nichts anderes ist die von Dr. Fürst unterstützte Forderung nach Diakoninnen. Ich stimme hier inhaltlich vollkommen zu, kann aber die Weigerung, Frauen zu Priesterinnen zu weihen, nicht nachvollziehen. Spannend ist die Aussage, dass wir (damit meint er wohl die Menschen, die sich zum Synodalen Weg versammeln) Formen und Zeichen finden müssen, dass „alle Menschen spüren, dass sie angenommen sind von Gott und der Kirche Jesu Christi – in ihrer leib-seelischen Identität, ihrer sexuellen Orientierung und in ihrer Liebe füreinander.“ Unter dieses „wir“ will ich mich nicht einreihen, und es sollten auch die Laienvertreter:innen des Synodalen Wegs nicht. Die Ausgrenzung, die hier angesprochen wird, ist im Katechismus nachzulesen und eine direkte Folge einer über Jahrhunderte propagierten Sexualmoral. Mit allen Mitteln wurde deren Norm umgesetzt, ohne zu beachten, ob damit Menschen in den seelischen und gesellschaftlichen Ruin getrieben werden. Dafür müssen diejenigen geradestehen, die der Menschheit diesen Jammer beschert haben. Nicht wir - wir Schafe, sondern „ihr“ - ihr Hirten auf den oberen Stufen des Hochaltars. Bischof Dr. Fürst schreibt weiter: „Als Bischof stelle ich mich der Verantwortung.“, um dann gleich wieder in ein „wir“ zu gehen: „Mit Ihnen zusammen möchte ich mich für die nachhaltige Erneuerung der Kirche einsetzen.“ Es sind nicht „wir“, die er damit meint, insbesondere nicht diejenigen, die das Agieren in der Missbrauchsgeschichte kritisch begleiten, sondern diejenigen, die als „die Getreuen“ gelten. Ein Blick auf die beiden Kommissionen, die der Bischof ebenfalls erwähnt, macht es deutlich. Natürlich wird noch einmal die Mär von den „unabhängig arbeitenden“ und „weisungsunabhängigen“ Kommissionen bemüht, das glaubt ihm niemand mehr. Wer eine Kommission nach eigenem Gutdünken zusammenstellt, den Zugang zu den Akten kontrolliert und dann Unabhängigkeit proklamiert, der, sagen wir es einmal vorsichtig, der deutet das Wort „unabhängig“ kreativ anders als ich. Ein kleiner Nachklapp: Nach der großen Presseinitiative, die die Einrichtung der Aufarbeitungskommission angekündigt hatte, fällt der Verweis im Hirtenbrief sehr sparsam aus: „Alle Fälle sexuellen Missbrauchs wurden und werden durch ein vom Bischof weisungsunabhängig arbeitendes Gremium aufgeklärt.“ Ist hier schon die Einsicht am Werk, besser nicht so sehr in die Öffentlichkeit zu gehen, weil dann die Unglaubwürdigkeit noch deutlicher wird? „Ich als Bischof und die Verantwortlichen in der Diözesanleitung“, so bezeichnet Bischof Dr. Fürst die „Player“ in der Diözese. Manchmal ist es besser, nicht in einen Verantwortungsraum mit hineingezogen zu werden, den ein Einzelner diktiert. Einen Schritt zurückzugehen heißt besser sehen. Und die Perspektive zu wechseln neue Erkenntnisse bekommen. 7.3.2022

Köln, München, Münster - ist auch in

Rottenburg

Die Studie in Münster werfe "ein erschreckendes Licht auf die institutionellen und systemischen Faktoren sexuellen Missbrauchs, auf die verheerenden Auswirkungen einer rigiden Sexualmoral, eines völlig überhöhten Priesterbildes, eines geschlossenen Systems, das wesentlich von Männern geprägt und bestimmt war, einer gänzlich falsch verstandenen Mitbrüderlichkeit und einer bewusst geschaffenen Intransparenz im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs“, so Bischof Genn. Würde es bei einer vergleichbaren Studie in Rottenburg-Stuttgart zu anderen Ergebnissen kommen? Vermutlich nicht. Also überspringt die Diözese vorsichtshalber das Thema Gutachten als Teil der Aufarbeitung und versucht es sofort mit einer Aufarbeitungskommission. Die Nähe der Kommissionsmitglieder zu Bischof Dr. Fürst ist offenkundig und lässt für eine Aufarbeitung nichts Gutes ahnen. Ebenso die „Profession“ der Kommissionsmitglieder: 4 Juristen sind mit dabei (das bedeutet die Mehrheit), 1 Psychologin und 2 Betroffene (davon 1 in diözesanen Diensten). Thomas Großbölting, einer der Verfasser der Studie, findet für die juristische Sichtweise drastische Worte: sie wäscht die Schlauen unter den Vertuschern geradezu weiß.“ Also bleibt den Christ:innen eine historische Einordnung des Wirkens der Bischöfe Sproll, Leiprecht, Moser, Kasper und Fürst samt ihrer Generalvikare, Personalchefs und sonstiger Mitarbeiter seit 1945 wohl vorenthalten und am Ende der Kommissionsarbeit der schale Geschmack, bischofs-willentlich eine Weißwäsche unter juristischer Sichtweise zu bekommen. Eine wahrheitsgemäße Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern, Jugendlichen und Abhängigen in der Diözese wird es deshalb nicht geben. In meinem Buch „ein Priester tut so etwas nicht“ fordere ich die Einsetzung einer Wahrheitskommission zur Aufarbeitung des hundertfachen Missbrauchs in unserer Diözese. Die Voraussetzung der gelingenden Arbeit einer Wahrheitskommission, auch so beschrieben, ist die wissenschaftliche, unabhängige Voruntersuchung und Begleitung und damit eine vergleichbare Untersuchung wie die in Münster. Schwaben sind bekanntlich sparsam: in diesem Fall könnte der Hinweis auf die Sparsamkeit ein Gutachten verhindern und damit dazu missbraucht werden, Vertuschung und Verschickung von Beschuldigten und Tätern zu kaschieren. Daran kann aber niemand gelegen sein außer denen, die sich vor einem Gutachten fürchten müssen.

Wieder eine Studie - und wieder desaströse Erkenntnisse

Wenn Nonnen Priestern junge Mädchen zum Missbrauch zuführen - so oder so ähnlich könnte eine reißerische Überschrift in Zeitungen der Regenbogenpresse aussehen. Das Hirngespinst eines übersexualisierten Redakteurs? Leider nein, sondern traurige Tatsache aus einem Kinderheim in Ludwigsburg-Hoheneck. So geschehen in den 1970-er Jahren, die Nonne stammt aus dem Karmeliterorden, der Geistliche aus der Ludwigsburger Dreifaltigkeitsgemeinde, die Mädchen waren Kinder aus dem Kinderheim, das der Orden bis 1992 betrieben hat. Jetzt ist der Aufschrei groß, damals hatte niemand den Schilderungen der Mädchen geglaubt: Dass sie mit Wissen einer Nonne von einer Erzieherin mit einem kurzen Röckchen angekleidet und dann zu Pfarrer Wilfried Metzler gebracht wurden. Der war einfühlsam und den Mädchen zugetan, ganz anders als die „unbarmherzigen“ Schwestern. Der Sinn der Empathie für die Mädchen lag weniger in seiner Menschenfreundlichkeit als in seiner Lüsternheit. Er sei als „Lüstling“ bekannt gewesen, habe auch mal einer Jugendleiterin an die Brust gefasst. Die Strafe für ihn folgte - er ging ins Exil nach Guatemala - freiwillig oder gezwungenermaßen? Dazu wird noch beraten. Kam er zurück in die Diözese? Auch dazu gibt es unterschiedliche Meinungen. Er sei dort gestorben, so die Studie. Er sei in Deutschland gestorben, sagt eine andere Quelle. Er sei noch Priester in Metzingen gewesen, behauptet eine dritte. Für die Sicht der Dinge ist dies nicht entscheidend. Wichtig ist das Engagement des Ordens, der die Studie in Auftrag gab und die dahinter verborgene Einsicht, ein möglichst umfassendes und transparentes Bild zu bekommen. Dafür dürfen wir richtig dankbar sein, auch wenn der Inhalt der Studie bedrückend ist. Veröffentlicht ist sie unter der Webseite der ipp München (www.ipp-muenchen.de/praxisforschung/josefsheim)

Bischof Dr. Fürst in der Kritik seiner

Amtsbrüder

Mit seiner Aussage „Ich würde in meiner Diözese so etwas niemals tun“ hat sich Bischof Dr. Fürst sicher keinen Gefallen getan. Er kommentierte das Vorgehen des Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Dr. Georg Bätzing, der einen Priester befördert hatte, der sexuell übergriffig war. Mittlerweile ist dieser Priester von seinem Amt zurückgetreten. Bischof Dr. Bätzing schrieb als Antwort auf den Offenen Brief des Familienbundes der Diözese: „Sie werden verstehen. Dass ich die Fragen und Beispiele, die Sie im Blick auf die Diözese Rottenburg-Stuttgart benennen, nicht wirklich beurteilen kann. Im Unterschied zu meinem Mitbruder möchte ich das auch nicht kommentieren.“ Im Offenen Brief wurden zwei „Fälle“ erläutert: 2004 hat Bischof Dr. Fürst einen beschuldigten Pfarrer ins Ausland versetzt (vermutlich ohne Wissen um die Beschuldigungen auf Seiten der Pfarrei und der Deutschen Bischofskonferenz), 2005 hat sich der Priester zum sexuellen Missbrauch schuldig bekannt und wurde 2007 in eine andere ausländische Pfarrei versetzt (sicher ohne Wissen der DBK um sein Tätersein), 2009 in eine Pfarrstelle in der Diözese eingesetzt (auch hier ohne die Gemeinde über das Tätersein zu informieren), um ihn dann 2010 zu suspendieren. Die Vorsitzende der Kommission sexueller Missbrauch, Frau Dr. Stolz, sprach davon, dass „man“ heute so nicht mehr handeln würde. Ebenfalls 2010 wurde ein mit dem Täter befreundeter Pfarrer suspendiert, der zusammen mit dem oben genannten Pfarrer in den späten 80-er Jahren den Missbrauch begangen hatte. Er wurde beschuldigt, gemeinsam und immer wieder mit einem Jungen im pfarrlichen Schlafzimmer übernachtet zu haben. Der damalige Vorermittler sprach davon, dass die Diözese „geschlafen“ hätte. Dies könnte man auch mit „weggesehen“ übersetzen. Noch deutlicher wurde jetzt Bischof Dr. Kohlgraf aus Mainz. Katholisch.de schrieb: Kohlgraf äußerte sich auch kritisch zur Aussage des Stuttgarter Bischofs Gebhard Fürst, der zum Vorgehen Bätzings gesagt hatte: "Ich würde in meiner Diözese so etwas niemals tun." Kohlgraf sagte dazu, er würde sich da etwas mehr zurückhalten. "Je mehr man sich aus dem Fenster lehnt, desto größer ist die Gefahr, dann rauszufallen."